AG Straßenbeitragsfreies Hessen für vollständige Abschaffung der Straßenbeiträge. Vorschlag der Regierungskoalition ist unbrauchbar. Subventionsprogramm
für Bauindustrie, Kommunalberatungen und Anwaltskanzleien.


Zur gestern bekannt gewordenen Einigung der schwarz-grünen Regierungskoalition mit der FDP zu einer Gesetzesänderung bei den umstrittenen Straßenbeiträgen stellt Straßenbeitragsfreies Hessen als AG hessischer Bürgerinitiativen fest, dass damit keine Lösung herbeigeführt wird.


Die Regierungskoalition stellt sich gegen die überwiegend geäußerte Meinung der Experten bei der Anhörung im Innenausschuss am 12.4.2018. Sie übergeht die vielen Bürgermeister und Kommunen, welche Resolutionen zur Abschaffung der Straßenbeiträge an den Landtag geschickt haben.


Stattdessen setzt sie auf einen Gesetzesentwurf der FDP, der überwiegend abgelehnt wurde. Und dessen Urheber die Fehler der KAG Änderung 2012 und die dahinterstehende Absicht einer Förderung des Tiefbaus am 16. Januar 2018 öffentlich eingeräumt haben.


Gewinner und Verlierer

Bei dem Vorschlag sind Bürger, Kommunen und ihre Bürgermeister die Verlierer. Die von Ministerpräsident Bouffier wiederholt genannten „Unplausibilitäten“ werden nicht beseitigt. Weiterhin müssen Grundstückseigentümer mit unzumutbar hohe Einmalbeiträgen rechnen. Und auch in Zukunft sorgen Straßenbeiträge mit ihrem hohen Konfliktpotential für Streit und Dauerärger in den Kommunen. Die erwähnte Stundungsmöglichkeit über 20 Jahre und geringere Zinsen sind Augenwischerei und dienen nur dazu, den Albtraum der hohen Einmalzahlungen zu verschleiern.


Gewinner sind Kommunalberatungen und Anwaltskanzleien, welche die immer kompliziertere Anwendung des Kommunalabgabengesetzes für die Kommunen übernehmen. Diese Dienstleistungen aber müssen von den Kommunen teuer bezahlt werden. Es profitiert auch die Bauindustrie, die heute bei Straßenbauprojekten wegen voller Auftragsbücher oftmals keine Angebote mehr abgibt und Preissteigerungen bis zu 30 Prozent durchsetzen kann.


Wie der Bund der Steuerzahler und alle Experten bei der Anhörung lehnt die AG Straßenbeitragsfreies Hessen die beabsichtigte Förderung des Verwaltungsmonstrums „Wiederkehrende Straßenbeiträge“ ab. Statt das Geld für die Erneuerung der Straßen zu verwenden, wird die Verwaltung aufgebläht und mit fünfstelligen Beraterhonoraren einschlägig tätige Kommunalberatungen subventioniert.


Zentrale Fragen nicht beantwortet

Die deutlichste Stellungnahme pro Straßenbeiträge kam vom Hessischen Städte-und Gemeindebund (HSGB), der bereits in der Vergangenheit an der Verkomplizierung des Gesetzes mitwirkte. Die Regierungskoalition übergeht stillschweigend, dass dort das Interesse eines Verwaltungsdirektors, zuständig für „Grundsatzfragen des KAG“, eine wesentliche Rolle gespielt haben könnte. Er ist gleichzeitig Inhaber einer Anwaltskanzlei mit dem Schwerpunkt „Kommunales Abgabenrecht“.


Die grundsätzliche Frage nach dem „nicht nur vorübergehenden Vorteil“ des Anliegers gegenüber der Allgemeinheit in Zeiten allgemeiner Mobilität wird nicht gestellt. Selbst die derzeit praktizierte Verrechnung von Fördermitteln nur auf den Anteil der Kommune wird nicht angefaßt.


Schwarzer Peter für Bürgermeister und Kommunen

Den Bürgermeistern und Kommunen soll die Änderung des Kommunalabgabengesetzes als „kommunale Selbstverwaltung“ verkauft werden. Für uns macht es eher den Eindruck, dass die Regierungskoalition sich vor der Verantwortung drückt und den Bürgermeistern den Schwarzen Peter zuschieben will. Denn sie sind dem Unwillen der Bürger in vorderster Front ausgesetzt. Sie müssen ihren Grundstückseigentümern die Erhebung von Straßenbeiträgen erklären, und warum diese woanders nicht erhoben werden.
Die Ungleichheit zwischen den Kommunen bleibt beim FDP Gesetzentwurf bestehen. Während Wiesbaden oder Eschborn keine Straßenbeiträge erheben, werden Grundstückseigentümer in vielen Städten und Gemeinden auch zukünftig fünfstellige Beiträge zahlen müssen.


Die kommunale Selbstverwaltung bleibt ohne ausreichende finanzielle Ausstattung auf der Strecke. Da das Land die Kommunen in den letzten 20 Jahren finanziell ausgehungert hat, wären die von SPD und der Partei Die Linke geforderten zweckgebundenen Zuweisungen aus Landesmitteln auch mit Blick auf Art. 137 der hessischen Landesverfassung die Pflicht des Landes.


2,5 Milliarden € ins straßenbeitragsfreie Berlin

Statt mit einem Betrag von weniger als 50 Mio. Euro jährlich für die längst überfällige Abschaffung der Straßenbeiträge in Hessen zu sorgen, überweist die hessische Landesregierung unter Volker Bouffier jährlich 2,5 Milliarden Euro als Länderfinanzausgleich in das straßenbeitragsfreie Berlin.


40 Millionen € Einnahmeausfälle der Kommunen ersetzen

Die Einigung der drei Parteien enttäuscht und wird von der AG Straßenbeitragsfreies Hessen abgelehnt. Wir fordern die vollständige Abschaffung der Straßenbeiträge hessenweit. Die Einnahmeausfälle der Kommunen – laut Innenministerium knapp 40 Mio. Euro – sollen durch zweckgebundene Landeszuweisungen ersetzt werden. Der Blick auf die Nachbarländer Bayern und Baden-Württemberg zeigt, dass dies gut realisierbar ist.

www.strassenbeitragsfrei.de/petition
Bleibt es bei der "Nichtlösung" durch eine sich abzeichnende Jamaika Koalition, werden die in der AG Straßenbeitragsfreies Hessen zusammengeschlossenen, bisher überparteilich tätigen Initiativen mit ihren Kooperationspartnern im Landtagswahlkampf "Partei ergreifen" und für ein klares Votum gegen die Straßenbeiträge werben.
Eine Petition an den Landtag zur Abschaffung der Straßenbeiträge kann unter der Adresse www.strassenbeitragsfrei.de/petition unterstützt werden.


Andreas Schneider
Sprecher AG Straßenbeitragsfreies Hessen
Breiter Weg 126, 35440 Linden, mobil 01578 1957 111